Der zweite Sonntag im März. In Praxmar kein Sonntag wie jeder andere. Punkt 10 Uhr eröffnet ein Böllerschuss die Tempohatz der Wildsau-Staffeln. Und jeder wusste es – die Wildsau-Staffel ist heuer so brutal wie noch nie. Der Blick zurück verrät: Einst wurden die schnellsten Aufsteiger auf den Lüsener Ferner mit dem Titel „Wildsau“ geadelt. Ein gängiges, keinesfalls abwertendes Vokabular im damals erlesenen Kreis von Skibergsteigern.
Einst und jetzt – nicht vergleichbar. Auch nicht mit den bisher durchgeführten zwölf Rennen in Praxmar. Eisig die Aufstiegsspur, pickelhart die Abfahrtsstrecke bei der 13. Auflage. „Noch nie präsentierten sich die Strecken auf Lampsen und Zischgeles so brutal wie heuer“, appellierte OK-Chef Heinz Kapferer an die Vernunft der Abfahrer. Keine Frage deshalb – der Titel „Wildsau“ gebührte heuer den Abfahrern.
Zuerst schleppten sich die Downhiller frühmorgens mit Rennskiern oder dem Snowboard zum Start, um dann in halsbrecherischem Tempo über unpräpariertes Gelände ins Tal zu brettern. Ein Höllenritt, der zum Glück unfallfrei verlief.
„So schwer war es noch nie“, meinte der älteste Teilnehmer, der 72-jährige Franz Prantner. Er muss es ja wissen: Der Sellrainer war fast immer dabei. „Ich bin froh, dass ich unverletzt herunten bin“, meinte auch Andreas Lintner, der 28-jährige Streckenrekordhalter (3:11 Minuten) von der Lampsen-Abfahrt. Der Alpbacher „küsste“ zweimal die Piste. Er war nicht der Schnellste, aber der Erste, der in Praxmar das Staffelband an Manfred Holzer übergab.
Das war der Auftakt für ein an Dramatik kaum mehr zu überbietendes Rennen. Holzer, mit einem Ersatzski unterwegs, mutierte vom Sieganwärter zum Pechvogel, musste die Aufsteiger Alexander Hug, Jörg Randl und Richard Obendorfer auf dem Weg zur Zischgeles-Scharte vorbeiziehen lassen. Der Vorsprung seines Teamkollegen Stefan Widauer – dem Schnellsten auf die Lampsen – schmolz wie Schnee in der Frühlingssonne. Obendorfer übergab nach knapp mehr als 51 Minuten als Erster.
Eine Vorentscheidung? Keinesfalls. Erster im Ziel war nämlich Michael Kraxner. Der Landecker überholte noch Obendorfers Teamkollegen, den Snowboarder Gregor Gruber, und sicherte der Multikulti-Truppe Team Colltex (zwei Schweizer, ein Süd- und ein Nordtiroler) den nicht mehr erwarteten Sieg.
Die Geschichte des Damenbewerbs schrieb Anita Vogelsberger. Als Letzte übernahm sie das Staffelband, als erste Dame war sie an der Zischgeles – die Entscheidung. Teamkollegin Barbara Fink brachte den Vorsprung für das Team mit Heidi Steinacher und Karin Sörlie ins Ziel.