Von wegen Allerheiligenruhe – dass die Innsbrucker Haie just am 1. November bei der Startruppe in Salzburg anzutreten hatten, ließ, wenige Tage nach der Abfuhr in Znojmo, erneut Schlimmes befürchten. Und die Pessimisten hatten Recht.
Ohne die beiden verletzten Verteidiger Michael Boivon und Tyler Cuma standen die Tiroler von Beginn an auf verlorenem Posten, die Roten Bullen führten nach 33 Minuten bereits mit 5:0. Am Ende, nach 60 einseitigen Minuten, setzte es mit 7:1 die nächste Pleite. Womit die Hoffnungen auf einen Neustart auf die Partie gegen Fehervar verschoben werden mussten.
Und siehe da – angeführt von Urgestein Flo Pedevilla, der sogar als Torschütze in Erscheinung trat, feierten die erneut dezimierten Gastgeber nicht zuletzt dank des starken Goalies C. J. Motte einen verdienten 3:1-Erfolg, durften damit kurz durchatmen, ehe die Fahrt über den Brenner nach Bozen auf dem Programm stand.
Doch im Bus saß nicht der Matchwinner gegen die Ungarn, also der bisherige Stammtorhüter Motte, sondern mit Scott Darling ein waschechter Stanleycup-Sieger aus der NHL. Eine echte Transfer-Sensation. Wie kam der Mann nach Innsbruck?
„Ich saß mit einer gebrochenen Hand vor zwei Monaten zuhause und hatte etwas Zeit verpasst. Ich habe mit Teams aus der AHL oder aus der Schweiz gesprochen. Als ich wieder gesund war, haben wieder viele Teams aus vielen Ländern angerufen. Aber als ich 2018 im Rahmen der WM hier war, habe ich mich mit meiner Verlobten in Innsbruck verliebt. Und dann haben wir mit den Haien zu reden begonnen. Es hat mir alles sehr gefallen – und ich will den Haien helfen!“
Das gelang aber nur zum Teil. Denn obwohl er bei seinem Debüt in Bozen eine starke Leistung ablieferte, verloren die Innsbrucker mit 4:1. Im ersten Drittel verbrachte Darling einen ruhigen Abend, hatte mit den wenigen Chancen der Südtiroler keine Probleme.
Im zweiten Abschnitt waren die Gastgeber sofort überlegen und nach zwei starken Paraden musste der US-Keeper in der 25. Minute erstmals hinter sich greifen. Das Tor von Domenico Alberga war der 1000. Treffer des HC Bozen im EBEL-Grunddurchgang. Doch nach einem Ausrutscher von Giliati stand es plötzlich 1:1, weil Daniel Wachter blitzschnell schaltete und Youngster Lukas Bär dessen ersten Saisontreffer servierte (34.).
Das Schlussdrittel startete nach einem Innsbrucker Abspielfehler im eigenen Drittel mit der nächsten Darling-Heldentat. Auf der anderen Seite ließen die Haie zum wiederholten Male ein Powerplay ungenützt verstreichen, beinahe wäre den Südtirolern in Minute 44 sogar ein „Shorthander“ gelungen. Bozen war nun die bessere Mannschaft, doch Neo-Keeper Darling (er hatte schlussendlich eine Fangquote von 90,2 Prozent) hielt die Innsbrucker mit einigen „Big Saves“ (besonders gegen Bernard in Minute 47) im Spiel.
Das überfällige 2:1 durch Marco Insam eine Minute später war dann aber hochverdient. Die Haie vermochten nicht mehr zu reagieren, kassierten später sogar noch das 4:1 in eigener Überzahl. Außer Spesen nichts gewesen.
Dass dann Scott bei seiner Heimpremiere gegen Linz nicht auf Anhieb zum Darling der Haie-Fans wurde, lag an zwei Schnitzern des neuen Goalies, die letztlich ausschlaggebend dafür waren, dass Innsbruck als keineswegs schlechteres Team mit 3:4 verlor.
Das war keine gute Generalprobe vor dem Gastspiel bei Meister KAC in Klagenfurt und weil dann auch noch Tyler Spurgeon, Flo Pedevilla und Jesper Thörnberg verletzt passen mussten, gab es wohl kaum Wetteinsätze auf die Haie. So gut wie alles roch also im Vorfeld nach einem Heimsieg für den KAC, der sein 1000. Spiel in der Erste Bank Eishockeyliga bestritt.
Aber die Rumpftruppe aus Innsbruck war nicht als Party-Attraktion nach Klagenfurt gekommen, spielte frech mit und im Tor stand Darling diesmal wie eine Eins. Der Offensivdrang der Kärntner Rotjacken drückte sich zwar im Mitteldrittel mit der 1:0-Führung durch Adam Comrie (22.) aus, dann marschierte aber Joel Broda nach Boivin-Pass auf und davon und markierte das 1:1 (25.), ehe Routinier Thomas Koch die Hausherren neuerlich in Front (2:1/33.) brachte.
Den stark ersatzgeschwächten Haien ging im Finish mit nur drei Linien aber nicht die Luft aus. Ganz im Gegenteil. Zunächst hämmerte John Lammers die Scheibe im Powerplay zum 2:2 (43.) in die Maschen und dann legte Broda mit einer Kopie seines ersten Treffers (wieder Konter nach Pass von Michael Boivin) das 3:2 (48.) drauf. Es folgte eine sechsminütige Unterzahl und Abwehrschlacht der Haie, die immer einen Schläger dazwischen brachten und mit Darling (94,6 Prozent Fangquote) einen Fels in der Brandung hatten.
Chapeau zu einem Auswärtssieg beim Titelverteidiger unter extrem schweren Vorzeichen. Das sah auch Ex-KAC-Crack Thomas Vallant so: „Wir haben gewusst, dass wir gegen den KAC viel leiden müssen. Darling hat eine unglaubliche Leistung gebracht.“ Das galt für alle.
Leider war es das letzte Ausrufezeichen der Haie im November, denn genau in dieser Reihenfolge setzte es dann Pleiten in Dornbirn (5:2), zu Hause gegen Fehervar (2:7) und erneut gegen Linz (1:4). Ein Monat zum Vergessen.