„Teamchef wär’ ich gern geworden“


Wolfi Müller (rechts) beim Geburtstags-interview mit Kurtl Jara / privat

Der „Bua“ wurde 70! Herzlichen Glückwunsch Kurt Jara zum Jubiläum. 20 Jahre jung war der Jubilar im Juni 1971, als er mit seinen zwei Treffern zum 1:0 und 2:0 am Wacker-Platz in Wien-Meidling die Basis für den 4:2-Sieg und letztlich den ersten Meistertitel des FC Wacker Innsbruck gelegt hatte. Ein Tag, den er wohl nie vergessen wird, wie viele andere Ereignisse in seiner beeindruckenden Karriere. Im Gespräch mit TT-Redakteur Wolfgang Müller erinnerte er sich an die emotionalsten Momente, seine Tore, seine Titel als Spieler und Trainer, an legendäre Siegespartys.

„Leben“, antwortet Kurt Jara spontan und treffend auf die Frage, was er so in seiner Fußballpension macht. Dabei meint er „gut leben“, setzt sein schelmisches Schmunzeln auf und man weiß sofort, dass das ernst gemeint ist. Schließlich wurden ihm einige Wochen vor dem Siebzigsten sechs Stents eingesetzt. „Es geht mir jetzt besser als vorher“, hakt er dieses Thema schnell ab und verweist darauf, dass er schon wieder problemlos seine Golfrunden drehen kann.

Kleine Partys mit dem engsten Freundes- und Familienkreis hat er schon hinter sich. Die Hauptfeier finde bei Sohn Martin und den beiden Enkeltöchtern in der Schweiz statt, dann verabschiede er sich mit Gattin Jolanda wieder für längere Zeit in sein Haus im Oliva-Nova-Resort rund 80 Kilometer von Valencia entfernt: „Mit dem Skifahren hab’ ich aufgehört. Im Alter mag ich es halt lieber wärmer.“

Bezeichnend, dass das Geburtstagsinterview im Café Design stattfindet. Nicht weit entfernt war das alte Tivoli und in Sichtweite ist das neue Stadion. Damit ist der Jubilar auch schon bei den emotionalsten Stationen seiner Karriere. „Ich habe als Spieler und Trainer Meistertitel in meiner Heimatstadt gefeiert. Da waren Zigtausende begeisterte Fans in der Maria-Theresien-Straße. Wenn ich daran zurückdenke, zieht es mir heute noch eine Ganslhaut auf.“ 1971 feierte Jara mit dem FC Wacker den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte, im Jahr 2000 fixierte der FC Tirol mit ihm als Chefcoach sein Meisterstück.

Höchst aufregend verlief auch der Start seiner Karriere im Nationalteam. Denn sein Debüt feierte der damals erst 20-jährige Flügelflitzer aus Tirol am 11. Juli 1971 vor 100.000 Zuschauern in Sao Paulo. Beim Abschiedsspiel des großen Pele, der die Brasilianer auch standesgemäß in Führung schoss, gelang Jara mit einem sehenswerten Tor der 1:1-Ausgleich. Das war der Startschuss für 58 weitere Einsätze und zwei WM-Teilnahmen (1978 und 1982) mit dem Adler auf der Brust.

Wo viel Licht, dort gibt es natürlich auch Schatten. Offene Rechnungen hat er keine mehr zu begleichen, der Jubilar ist mit sich und einigen Enttäuschungen im Reinen. „Was mich zum Abschluss gereizt hätte, hat sich halt nicht ergeben“, gibt er zu, dass er mit einem Posten doch sehr stark spekuliert hatte: „Teamchef wär’ ich schon gern geworden.“ Dass ausgerechnet Marcel Koller, sein langjähriger Zimmerkollege bei den Grasshoppers, den Vorzug erhielt, ist längst verarbeitet. „Das ist Fußball. Wie ich zum HSV kam, war Marcel auch Kandidat in Hamburg.“

Im Nachhinein ein Fehler? „Ich hätte mit Manni Linzmaier nach dem HSV und Kaiserslautern noch die eine oder andere Station in Deutschland anhängen und nicht so früh nach Österreich zurückkehren sollen.“ Schnee von gestern, was zählt, ist die Gegenwart – und die will der rüstige Jubilar in vollen Zügen genießen.