Der Bergisel – seit Jahrzehnten der Gradmesser in der Springertournee. Jeder weiß – wer hier in Innsbruck, im Hexenkessel oberhalb der Basilika, die Nerven behält und gar in Führung geht, ist nur noch einen winzigen Schritt vom Gesamtsieg der prestigeträchtigen Konkurrenz zwischen Ende Dezember und Anfang Jänner entfernt.
Kamil Stoch wiederum konnte sich nach seinem Triumph am Bergisel fast schon sicher sein, dass ihm die erfolgreiche Tournee-Titelverteidigung gelingen würde. Denn nach seinen Siegen in Oberstdorf und Garmisch war der Pole seinen Konkurrenten auch in Tirol auf und davon geflogen. Allen Schwierigkeiten mit dem Wetter zum Trotz.
Kein Wunder, dass die Stimmung der meist österreichischen und deutschen Fans im mit 16.300 nicht ausverkauften Stadion den tristen Bedingungen glich. Das lag zum einen am unerbittlichen Dauerregen während des Bergiselspringens. Es lag aber vor allem am Ergebnis und den Geschehnissen.
Die Zuschauer mit den durchweichten rot-weiß-roten Fahnen waren enttäuscht, die Deutschen schockiert und deprimiert. Ihr schwarz-rot-goldener Hoffnungsträger Richard Freitag war im ersten Durchgang so schwer gestürzt, dass er aufgrund von Prellungen an Hüfte, Rippen und Knie im Finale nicht mehr an den Start gehen konnte. Ein Landungsfehler am ruppigen Aufsprunghügel und die von Cheftrainer Werner Schuster monierte Anlauflänge warfen ihn aus der Tourneewertung.
Die führte nach seinem dritten Sieg im dritten Bewerb Kamil Stoch ungefährdet an. Der Pole erwies sich als einzig wasserfester Springer und gewann in beeindruckender Manier vor dem Norweger Daniel André Tande und vor Freitags Teamkollegen Andreas Wellinger. Fazit der geschlagenen Gegner: „Kamil kann sich nur selber schlagen.“
Die Österreicher? Michael Hayböck schaffte es als Zehnter gerade noch in die Top Ten. „Ich persönlich bin sehr zufrieden. Auch wenn es für das Team insgesamt kein guter Tag war.“ Stefan Kraft landete abgeschlagen auf dem 24. Rang. Der Tiroler Clemens Leitner (29.) sammelte erstmals Weltcuppunkte und Selbstvertrauen für Bischofshofen.
Und die weiteren acht rot-weiß-roten Springer? Sie hatten ausnahmslos das Finale verpasst, darunter auch die Tiroler Gregor Schlierenzauer und Manuel Fettner, die wortlos den Bergisel Richtung Bischofshofen verließen. Wo sie Zeugen wurden, wie der polnische Überflieger mit dem vierten Tagessieg in Serie als zweiter Athlet den Grand Slam in der Vierschanzentournee fixierte und dafür nicht nur von seinen polnischen Teamkollegen frenetisch gefeiert wurde.
Als einer der ersten Gratulanten fand sich im Auslauf auch Sven Hannawald ein. Der Deutsche, der als erster Skispringer (2001/02) alle vier Bewerbe der legendären Springertournee für sich entscheiden konnte, wusste, wie Stoch sich in diesem Augenblick fühlte. Das Podium in Bischofshofen glich fast jenem im Endklassement: Neben Stoch stand der deutsche Tagesdritte Andreas Wellinger als Gesamtzweiter, der norwegische Tageszweite Anders Fannemel wurde Dritter.
Als Bester der insgesamt enttäuschenden Österreicher landete Michael Hayböck auf Platz 14 und nach einem guten vierten Tagesplatz in Bischofshofen fand sich Tournee-Mitfavorit Stefan Kraft als 20. wieder. Es war eben die große Show des Kamil Stoch.