Der Parallelriesentorlauf in München wurde zur großen Party. Das Skievent lockte 17.000 Zuschauer, brachte zwei umjubelte Sieger und viele kritische Stimmen. Der warme Föhnwind, die halb abgetauchte Sonne am Horizont, verliebte Pärchen, die Händchen hielten, sich küssten – und inmitten dieser frühlingshaft romantischen Szenerie stand ein weißer Hügel. Münchens dicht gefüllter Olympiapark wirkte fast surreal. Es schien so, als hätte jemand den kalten Winter in den bunten Frühling verpflanzt – und das in Form eines riesigen Haufens Schnee. Eine Sichtweise, die der Wahrheit schon sehr nahe kam.
Über vier Wochen waren rund 400 Leute am Werk gewesen, um den zweiten Parallelriesentorlauf im Ski-Weltcup nach 2011 in München mit Kunstschnee auf die Beine zu stellen. Es war ein großes Stück Arbeit, und als der Abend anbrach und die 17.000 Zuschauer ins Stadion neben dem 524 Meter hohen Olympiaberg drängten, da war der Lohn eingebracht – inklusive des Eintrittspreises, beginnend bei 21 Euro. Für rund zwei Stunden Ski-Unterhaltung. An diesem Unterhaltungswert hatte auch keiner Zweifel. „Das Event ist gigantisch“, sagte ÖSV-Skirennläufer Reinfried Herbst. Und dem schlossen sich dann auch die Tiroler Ski-Asse Nicole Hosp („Das war wirklich toll“) und Mario Matt („Ein einzigartiges Gefühl“) an. Doch dabei ging es um Spaß. Um Action. Und um das dicke Gesamtpreisgeld von 100.000 Franken.
Und nicht um das, was allen sauer aufstieß: Der Bewerb (Riesentorlauf) zählt zum Slalom-Weltcup, ist nicht mehr eigenständig. Bis zu 100 Punkte für einen Bewerb, der kaum etwas mit Slalom zu tun hat – konnte das gut gehen? „Die Idee ist eine Frechheit“, ärgerte sich Herbst, der wie Matt in Runde eins ausschied, Neunter wurde – und dafür 15 Weltcuppunkte mitnahm. „Diese 15 Punkte sind ein Neujahrsgeschenk für mich. Es dürfen nur die besten 16 aus dem Weltcup mitfahren, der Rest muss zuschauen. Wer hat denn diese Idee gehabt? Das ist wirklich zum Lachen.“
Weit fröhlicher nahmen das freilich die beiden Sieger auf: Lokalmatador Felix Neureuther (GER), der in einem packenden Finale bei ohrenbetäubendem Lärm zum Gagnam-Song den ÖSV-Star Marcel Hirscher besiegte. Und Veronika Velez-Zuzulova, die im letzten Lauf Tina Maze um Haaresbreite schlug. Die sprachen dann von „dramatischen Rennen“ (Neureuther), von „unglaublicher Spannung“ (Velez-Zuzulova), von dem „besten Bewerb überhaupt“ (Maze). Doch an dem Grundtenor der österreichischen Garde änderte das nichts. „Der Modus ist nicht gerechtfertigt, so wird der Slalom-Weltcup verfälscht“, meinte ÖSV-Damenchef Herbert Mandl.