Anderl Molterer, der „blonde Blitz von Kitz“, Hahnenkamm-Jahrhundert-Champion, feierte seinen Neunziger. Der zufriedene Jubilar erinnerte sich im Gespräch mit TT-Redakteur Max Ischia, wie alles begann. So schneidig er auf seinen Holzlatten auch die Hänge runterzischte: Lange Zeit hatte es im Leben des Andreas Molterer nicht nach einer Rennläuferkarriere ausgesehen.
Der nach dem Kriegstod seines Vaters 1943 als Halbwaise aufgewachsene Blondschopf musste erst einmal am elterlichen Hof anpacken, schloss später die Zimmermannslehre ab – um schließlich doch sein Rennfahrerglück zu versuchen. Da war er 18. Und der „Anderl“, wie er allseits gerufen wurde, startete auf Anhieb durch und fuhr in den Fünfzigern auf der Streif und am Ganslernhang bis heute unerreichte neun Erfolge ein – folgerichtig wurde er im Jahre 2000 nicht ganz unerwartet zum Hahnenkamm-Jahrhundert-Champion gewählt.
Heuer feierte der „blonde Blitz aus Kitz“ in seiner Wahlheimat USA den 90. Geburtstag. Preisgeld oder Sachpreise hätte es damals nicht gegeben. „Nur einen Schulterklopfer, sonst nix“, versicherte der Jubilar. Es seien eben ganz andere Zeiten gewesen. Zeiten, in denen die Athleten noch selbst Hand bei ihren Holzski anlegten – und bei Auswärtsreisen mit geschulterten Ski und einem Koffer in der Hand Richtung Bahnhof stapften.
Strapazen, die sich zumindest sportlich mehr als nur auszahlten. Siege bei über 50 FIS-Rennen – vergleichbar mit dem Weltcup von heute – gingen auf das Konto des Leichtgewichts. Hätte es damals den Weltcup schon gegeben, der Tiroler hätte ihn 1953, 1955, 1956 und 1958 gewonnen, wurde einmal errechnet.
Es war die Zeit des legendären Wunderteams – Toni Sailer, Ernst Hinterseer, Hias Leitner, Fritz Huber, Christian Pravda und eben Molterer räumten im ganz großen Stil ab. Insgesamt eroberte dieses Ausnahme-Sextett 27 Medaillen bei Großereignissen.
Molterer selbst gewann nicht nur am Hahnenkamm zwei Abfahrten, drei Slaloms und vier Kombinationen, sondern 1954 und 1956 auch noch zwei Olympia- und drei WM-Medaillen. Nur Gold blieb dem risikofreudigen Edeltechniker versagt. Dafür wurde er später, nach seiner Auswanderung in die USA, viermal Profiweltmeister.
Über Aspen und Florida kam der Jubilar dereinst nach Nashville, wo er bis heute mit seiner Lebensgefährtin Kay lebt. Und immer noch fit ist für die eine oder andere Golfrunde. Am liebsten sind ihm aber die entspannenden Spaziergänge mit Hund Max.
Den Skiweltcup verfolgt er nur am Rande. Manchmal, aber nur manchmal, wie er bei seinem letzten Kitzbühel-Besuch im Jänner erzählte, gebe es einen „little Ausschnitt“ in der Zeitung oder einen kurzen Beitrag im Fernsehen, mehr nicht. Dass wenige Monate zuvor Österreichs Skiheld Marcel Hirscher seine Rennlatten für immer ins Kellereck verbannt hatte, wusste Molterer nicht und hielt damals vielsagend fest: „Den Hirscher kennt bei uns keiner.“