Kitzbühel-Spektakel in vier Akten – mit Felix, Didier, Hannes und Alexis


Bummvolle Tribünen, eine faszinierende Kulisse - der Hahnenkamm rockte. / Foto: GEPA Mit Streif-Triumphator Reichelt (Bild) freute sich auch Spar-Marketing-Boss Gerhard Fritsch. / Foto: GEPA Didier Défago verdarb Bode Miller die Siegesfreude. / Foto: GEPA Felix und Marcel - die Superstars am Ganslernhang. / Foto: GEPA Blick hinunter ... / Foto: GEPA Ehrentafel am Hahnenkamm mit Alexis Pinurault ... / Foto: GEPA ... und Didier Défago ... / Foto: GEPA ... sowie Aksel Lund Svindal, Hannes Reichelt und Bode Miller. / Foto: GEPA

Kaiser Franz Joseph hätte wahrscheinlich den alpinen Weltcup-Tross mit folgenden Worten aus Kitzbühel verabschiedet – „Schön war’s, kommt’s bald wieder!“ Verständlich, denn es war, trotz Verschiebungsstress und Wetterpech, ein großartiges Wochenende, eine Ski-Party der besonderen Art mit über 80.000 Besuchern. Und Rennen, die nichts an Spannung, Dramatik und Sensationen zu wünschen offen ließen.

Dass es dazu nach über 392 sieglosen Tagen für Österreichs Herren den ersten Triumph in einer Weltcup-Abfahrt ausgerechnet im prestigeträchtigen Heimrennen gab, setzte dem Skifest im wahrsten Sinne des Wortes eine „Schnee-Haube“ auf.

Hannes Reichelts Triumph – übrigens der erste seit Michael Walchhofer 2006 (!) – überstrahlte sogar den „Schwarzen Freitag“, als Marcel Hirscher im aufgrund der Wetterkapriolen vorverlegten Slalom nach Einfädler im zweiten Durchgang das Ziel nicht sah, seinem siegreichen Freund Felix Neureuther dennoch sportlich zum Triumph am Ganslern triumphierte.

Und als Felix, der Siegreiche, die Goldene Gams, die schöne Trophäe für den Slalomkönig von Kitzbühel, in die Höhe hielt, brandete standesgemäßer Jubel auf. Aber der Gams war ein kürzeres Leben beschert als dem Ruhm des Slalom-Siegers. Keiner weiß mehr wie, aber es passierte – plötzlich war die Gams kaputt. Ein geschichtsträchtiges Hoppala. In der 74-jährigen Geschichte des Hahnenkammrennens war dies noch nie jemandem passiert.

Dieses Hoppala tat der guten Laune Neureuthers keinen Abbruch. Hingegen trat Marcel Hirscher nach seinem Hoppala auf der Piste patzig wie der Schnee am Ganslernhang vor die Journalisten. Der 24-Jährige hatte im zweiten Durchgang eingefädelt, das war nicht nach dem Geschmack des Perfektionisten, dem der Druck bei diesem Heimrennen anzumerken war.

Für einen großen Tiroler Slalomläufer dagegen war Kitz in Hinblick auf Olympia wohl Endstation – für Manfred Pranger. „In der Früh hab’ ich schon gemerkt, dass es schlimm werden kann“, sinnierte der Gschnitzer nach dem Rennen im Zielraum des Ganslern vielsagend. Das Gefühl trog nicht – nach einem Steher in Durchgang eins hoffte er vergeblich auf die Qualifikation für die besten 30, doch Läufer um Läufer überholten ihn. Am Ende wurde er bis Platz 38 durchgereicht, eines Manfred Pranger nicht würdig. Und er wusste zwei Tage vor Qualifikationsschluss: „An die Olympischen Spiele brauche ich nicht zu denken, dort hätte ich nichts verloren.“

Was wiederum Hannes Reichelt so nicht behaupten konnte – dass aber auch der aktuelle Hahnenkammsieger nicht bei den Spielen an der Schwarzmeerküste starten würde können, war eine ganz andere Geschichte. Dabei hatte sich just an diesem Kitz-Samstag für den Salzburger vor den Augen seines Hauptsponsors, dem Spar-Marketingdirektor Gerhard Fritsch, für einige Stunden der Hahnenkamm und das Streifspektakel in jenen Traum verwirklicht, den jeder Abfahrer zeit seines Lebens träumt: einmal auf der Streif zu gewinnen. Und das trotz stark schmerzendem Rücken und nach Einnahme von schmerzstillenden Mitteln.

Die Entscheidung zu starten, hatte Hannes erst nach dem Einfahren getroffen und er genoss daher den – unerwarteten – Sieg im Fahnenmeer des Zielstadions vor 50.000 begeisterten Fans umso mehr. 21 Hundertstel Vorsprung auf den großen Favoriten Aksel Lund Svindal und 34 Hundertstel schneller als Bode Miller – das war die Triumphfahrt (2:03,38 Minuten) des 33-Jährigen in Zahlen, mit der er sich selbst nicht nur in den Ski-Olymp hievte, sondern die 13-monatige Sieglosigkeit der ÖSV-Abfahrer beendete und dazu noch den Kitzbühel-Fluch der Österreicher „aufhob“.

Immerhin bereits 2006 war es gewesen, als Michael Walchhofer bis zum Reichelt-Samstag als letzter rot-weiß-roter Downhill-Spezialist auf der Streif gewonnen hatte. Es war Reichelts siebter Weltcup-Sieg – vier davon waren im Super-G passiert, zwei in der Abfahrt, einer im RTL –, mit Kitz hatte sich der Kreis der Begehrlichkeiten geschlossen.

Und während sich in der Gamsstadt das Ski-Volk zum Feiern zurückzog, rüsteten die Skistars für das Finale der Kitz-Trilogie, für die Super-Kombi mit zwei Wertungen. Rund 30 Zentimeter Neuschnee über Nacht, dazu dichtes Schneetreiben und eine längere Verzögerung des Starts zum Super-G, der einzeln gewertet wurde und zur Kombi zählte. Die Wetterkapriolen machten eine Verkürzung der Strecke um rund 150 Höhenmeter notwendig, doch die kurze Laufzeit (1:10,58 Sekunden für den Sieger) machte den Super-G zu einem Hundertstelkrimi – die ersten 34 Läufer lagen innerhalb einer Sekunde.

Und dabei hatte es lange Zeit danach ausgesehen, als würde der schnellste dieser Läufer ein Österreicher sein: Max Franz, 24, aus Kärnten fand die beste Linie und lag zeitgleich mit Aksel Lund Svindal voran, als die Spitzengruppe vorbei war. Doch dann kam mit Bode Miller jener Fahrer, der nach der Abfahrt so bitterböse wegen Platz drei gewesen war, und der 36-Jährige rauschte mit Wut im Bauch auf den ersten Rang.

Millers verlegener Jubel währte nicht lang, und mehr als ein resignierendes Lächeln gab es nicht, als kurz darauf der ebenfalls 36-jährige Abfahrts-Olympia-Sieger Didier Défago fast unbemerkt von den Fans zum Erfolg raste – dem ersten seit 2011, dem zweiten in Kitzbühel seit seinem Abfahrtstriumph 2009. Für Franz schaute am Ende Rang drei heraus, was für ihn den ersten Weltcup-Podestplatz im Super-G bedeutete, den zweiten insgesamt nach der Abfahrt in Lake Louise 2012.

Im abschließenden Kombi-Slalom blies Marcel Hirscher schließlich zum Halali. Mit drittbester Laufzeit katapultierte sich der Annaberger aufs Podium, die aufgeweichte Piste hatte zuvor nicht mehr viel zugelassen: „Mehr kann ich nicht riskieren.“ Den Sieg in diesem Finale furioso sicherte sich Alexis Pinturault vor Ted Ligety.