Wenn die Krise noch nicht da war, dann lauerte sie zumindest am nächsten Tor. Die Schweizer Boulevardpresse goss vorsorglich Hohn und Spott über Österreichs Skiherren, adelte den eidgenössischen Weg als bahnbrechend und richtungweisend und rief mit Carlo Janka einen neuen Alpin-Messias aus.
Das war Ende November, Anfang Dezember, als die Schweiz dank Jankas Beaver-Creek-Hattrick nach Siegen auf 5:1 davongezogen und der lädierte Rücken von Benjamin Raich symbolhaft für die bröckelnde ÖSV-Macht gestanden war.
Aber nur sieben Tage später hatte sich vieles relativiert. Österreich antwortete dank Benjamin Raich (Super-Kombination), Michael Walchhofer (Super-G) und dem Premierentriumphator Marcel Hirscher (Riesentorlauf) seinerseits mit einem Hattrick und verkürzte auf 4:5, während Janka nach drei ausfallbedingten Nullnummern mit blutender Wange seinem selbst ernannten Lieblingsberg den Rücken kehrte und die Führung im Gesamtweltcup Raich überlassen musste.
Der Mann, der allerdings die Schlagzeilen beherrschte, hieß Marcel Hirscher. Der 20-jährige Salzburger, seit geraumer Zeit als größte heimische Zukunftsaktie gehandelt, brauste nach vier Podestplätzen zu seinem ersten Weltcupsieg. Nach seiner überraschenden Halbzeitführung hatte sich Hirscher, wie er später fassungslos meinte, im Starthaus selbst wiederholt angefleht: „Bitte, kleiner Bua, gib Gas.“ Und der Bua im Mann gehorchte und bescherte der Allrounder-Hoffnung letztlich ein Gefühl, „in einer anderen Liga“ zu fahren.
Und die Gewissheit, auch sein Idol Benjamin Raich in die Schranken gewiesen zu haben. „Das kannst du nicht glauben, dass er dir gratuliert, weil du gewonnen hast“, war Hirscher außer sich. „Auch wenn es abgedroschen klingt: Es wird wohl ein, zwei Tage brauchen, bis ich realisiert habe, was da passiert ist.“
Raich wiederum sprach gewohnt abgeklärt, aber betont zufrieden von einem „extrem schwierigen“ Riesentorlauf und einem „tollen“ Wochenende, wie die Platzierungen eins (Super-Kombination), fünf (Super-G) und drei (Riesentorlauf) unterstreichen. Ebenfalls stark: Romed Baumann (6.) und Philipp Schörghofer (7.), wenngleich für beide im zweiten Durchgang mehr möglich gewesen wäre.