Es war in den 1960er-Jahren eine alltägliche Szene im Wohnzimmer der Familie Sailer gewesen: Immer, wenn Papa Hermann, einer der erfolgreichsten Sportschützen Österreichs, seine täglichen Trockenübungen absolvierte, folgten ihm drei junge Augenpaare auf Schritt und Tritt. Inzwischen sind Rudi (50), Herbert (46) und Willy (44) längst in die Fußstapfen ihres Vaters getreten.
Bei der Staatsmeisterschaft in Eisenstadt sorgte das Trio nun heuer für ein Novum: Als reines Brüder-Team holten die Innsbrucker Pistolenschützen Mannschaftsgold nach Tirol. Das hatte es noch nie gegeben. „Wir wissen, dass wir etwas Besonderes erreicht haben“, erzählte Herbert, der mittlere der drei Sailer-Brüder. „Aber wir haben gemeinsam dieses Ziel angepeilt, uns ein halbes Jahr gezielt darauf vorbereitet und es dann auch geschafft.“ Im Einzel belegten Rudi, Herbert und Willy Sailer die Ränge eins, drei und fünf.
Der wichtigste Schritt auf dem Weg zum Titel sei die Reaktivierung des Jüngsten, Willy, gewesen: „Ich habe viele Jahre die Pistole nicht mehr in die Hand genommen, erst meine Brüder haben mich wieder überredet.“ Die Auszeit bereute er aber nicht: „Man will ja auch leben.“ Denn als ambitionierter Schütze sei eben stetes Training angesagt, wie der große Bruder Rudi ausführte: „Um wirklich gut zu werden, muss man nicht nur regelmäßig auf den Schießstand gehen, die meiste Zeit verbringt man zu Hause mit Trockentraining.“
Gut, wenn da die Eltern mitspielen – oder, wie im Hause Sailer der Fall, sogar als Vorbild und Trainer fungieren: Vater Herbert, der zweifache Olympia-Teilnehmer (Moskau 1980, Seoul 1988) und Vizeweltmeister (Suhl 1986), war auch mit 80 Lenzen noch voll im Saft. Der Gründer und langjährige Leiter des Heeresleistungszentrums Innsbruck hatte sich erst vor acht Jahren den letzten seiner insgesamt 19 Senioren-WM-Titel gekrallt.