Kompliment nach Sölden – allen Widrigkeiten zum Trotz ermöglichten die Ötztaler dem alpinen Skizirkus einen Weltcupauftakt der Superlative. Wieder einmal! Und die Athleten dankten es mit großartigen Leistungen.
Zunächst die Damen – bei denen es dank des Doppelsieges von Marta Bassino vor Federica Brignone einen italienischen Feiertag zu bejubeln gab. Nur einmal war so etwas wie ein Zögern bei Marta Bassino zu erkennen. Die strahlende Siegerin des Sölden-Riesentorlaufs wusste im Zielraum nicht so recht, ob sie nun ihrer zweitplatzierten Teamkollegin Federica Brignone in die Arme fallen sollte bzw. durfte. Doch im Überschwang der Glücksgefühle wurden alle Corona-Regeln beiseite geschubst, später wurde auch die drittplatzierte Slowakin Petra Vlhova geherzt.
„Ich bin sehr glücklich“, meinte Bassino, die nach zwei starken Fahrten vor allem den Spirit in der italienischen Mannschaft hervorhob: „Wir sind ein sehr starkes Team, das haben wir schon im letzten Jahr bewiesen. Heuer ist es eine Bestätigung. Ich bin sehr froh, dass ich Sofia (Goggia) und Federica habe. Ich kann von beiden viel lernen.“
Und auch Gesamtweltcupsiegerin Brignone versicherte, wie gut es tut, sich im Training auf so hohem Level gegenseitig zu pushen. „Wir sind wie eine große Familie, treiben uns an und wollen immer besser werden. Wenn du hinten bist im Training, willst du besser und besser werden“, meinte die 30-Jährige, die mit sich zufrieden war. Das war auch Vlhova: „Bisher war mein Saisonstart ja noch nicht so gut, jetzt hat es geklappt.“
Österreichs Damen starteten mit ihrem bisher schwächsten Sölden-Ergebnis der Geschichte in die neue Saison. Slalom-Spezialistin Katharina Truppe wurde als beste ÖSV-Läuferin 15., Stephanie Brunner belegte bei ihrem Comeback nach mehr als eineinhalb Jahren Pause wegen ihres dritten Kreuzbandrisses Platz 17. Ramona Siebenhofer fuhr auf Rang 19. Die Vorarlbergerin Katharina Liensberger schied im zweiten Durchgang aus.
Die Hoffnungen bei den österreichischen Fans auf gute Stimmung lagen also ganz auf den Herren. Doch diese machten es den Damen nach, verzeichneten ebenfalls den bisher schlechtesten Sölden-Start. Was wiederum ÖSV-Herrenchef Andreas Puelacher ziemlich erzürnte. Eigentlich verständlich, denn es war ja nach dem letzten Winter nicht so, dass die Verantwortlichen auf die latente Krise in der Kerndisziplin Riesentorlauf nicht reagiert hätten. Nicht nur, dass die sieben am Gletscher gestarteten ÖSV-Herren in gleich vier Kleingruppen trainieren, im Frühjahr wurde mit Mike Pircher der langjährige Vertrauenscoach von Marcel Hirscher an die Riesentorlauf-Gruppe gebunden – nicht ohne auch dessen kongenialen Wegbegleiter Ferdinand Hirscher.
Doch bereits die erste Standortbestimmung zeigte: Da wartet noch sehr viel Arbeit auf alle Beteiligten. Vorab hatte Andreas Puelacher mit zwei Top-Ten-Plätzen geliebäugelt, am Ende des Tages war Stefan Brennsteiner auf Rang 17 der Beste – enttäuschend. Der Chef nahm seine Schützlinge dementsprechend scharf in die Kritik. „Die Burschen haben es nicht rübergebracht. Ich habe nur wenige Lichtblicke gesehen, unter dem Strich war das nichts“, sagte der Oberhofener.