Kaum waren die letzten Klänge von Dave Brubecks Jazz-Klassiker „Take Five“ verklungen, war die spürbare Anspannung bei Nicol Ruprecht wie weggeblasen. Ein Lächeln noch zur Jury, ehe wenig später feststand, dass die 22-Jährige ausgerechnet beim Finale der Grand-Prix-Serie, noch dazu zu Hause in Tirol in der USI-Halle, auf Platz drei gelandet war.
Und dann sprudelte es aus der Unterländerin geradezu heraus: Natürlich sei sie nervös gewesen, natürlich habe sie Druck verspürt. Und man möchte meinen, selbst eine Staatsmeisterin mit mehrjähriger Wettkampferfahrung muss sich nicht für diese Gefühlslage schämen. Und deshalb erfand sie auch einen besonderen Superlativ: „Dass es jetzt so endet, macht mich umso stolzer.“ Als wäre stolz allein nicht genug.
Zum dritten Mal im Rahmen eines Grand Prix’ war Ruprecht auf Platz drei gelandet, zweimal war ihr das schon im Jahr 2012 (Brünn) gelungen. „Aber diesmal war die Konkurrenz um einiges stärker“, würdigte Nicol Ruprecht den Augenblick. Dass sie mit dem Ball, den Keulen und dem Band jeweils Vierte wurde, ergänzte das erfreuliche Gesamtbild.
Mit dem Sieg hatte Nicol Ruprecht genauso wenig zu tun wie ihre Kolleginnen. Die 19-jährige Russin Margarita Mamun war das Maß aller Dinge, den Gesamtsieg (mit Ball, Band, Keulen und Reifen) hatte man von der Grand-Prix-Königin 2014 erwarten dürfen. 4400 Euro Preisgeld rückten die Realitäten in einem Sport, der außer harter Arbeit, viel Passion und Anmut wenig zu bieten hat, wieder zurecht. Ein Fußballprofi würde sich für diese Summe wohl kaum die Schuhe binden.
Nicol Ruprecht, die für Platz drei mit dem Reifen nur einige hundert Euro bekam, hingegen schon. „In der nächsten Zeit werde ich etwas kürzer treten, dann gehe ich meine neue Ballübung an“, erzählte die in Innsbruck von vielen Freunden unterstützte Tirolerin. In ihrer Hütteldorfer Trainingshalle war sie an der Seite von Trainerin Lucia Egermann hingegen eine von wenigen Dauergästen.
Was also heißt „kürzertreten“? „Weniger als dreißig Stunden wöchentlich“, nannte Nicol Ruprecht eine Bezugsgröße. Dass es nicht viel weniger sein durften, um sich den Traum von den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio zu verwirklichen, wusste sie: „Die Rechnung in unserem Sport ist einfach: Zehn Prozent sind Talent, die übrigen neunzig Prozent harte Arbeit.“