„Eigentlich“, sagen seine Freunde, „eigentlich ist Reinfried Herbst keiner, der nah am Wasser gebaut wäre.“ Aber als der 29-jährige Salzburger in Garmisch-Partenkirchen mit zwei Laufbestzeiten zu seinem zweiten Weltcuptriumph gecarvt war, füllten sich seine Augen mit Tränen. Nach Durchgang eins sowie nach Durchgang zwei. Er konnte sie, wie er später glückstrahlend sagte, nicht mehr zurückhalten – aus Erleichterung, aus Rührung, aus Stolz.
Es war gleichsam der sentimentale Höhepunkt einer Karriere-Achterbahnfahrt, die lange Zeit von mehr Tiefen als Höhen geleitet schien. Sechsmal musste Herbst bereits Operationen an beiden Knien über sicher ergehen lassen: sechsmal OP-Tisch, sechsmal Ernüchterung, sechsmal Zweifel, sechsmal Neubeginn.
Doch just aus den zahlreichen Keulenschlägen schöpfte der redselige Bursch aus Unken Kraft. „Weil sich die Prioritäten verschoben haben. So seltsam es auch klingen mag, aber die Verletzungen haben mich zufriedener gemacht. Früher habe ich im Streben nach Erfolg nicht nach links und nicht nach rechts geschaut, heute weiß ich, dass die Gesundheit mein größter Erfolg ist.“
Und wenn der Jungpapa (Felix, zwei Monate) so über Vergangenes und Gegenwärtiges spricht, klingt Demut und Dankbarkeit durch. Just in einer Zeit, als das Karriere-Aus drohte, Herbst aus dem ÖSV-Kader geflogen war und die Zukunft ungewiss schien, halfen ihm zwei Tiroler auf die Sprünge: Ex-Weltcupläufer Dietmar Thöni und Ex-ÖSV-Herrenchef und Ex-Blizzard-Rennsportleiter Dieter Bartsch. „Ich war auch vor Garmisch die ganze Woche beim Dieter in Mutters, wo wir traumhafte Trainingsmöglichkeiten vorfanden.“
Und selbst in der Stunde eines seiner größten Erfolge vergaß er nicht auf einen rekonvaleszenten Mitstreiter: „Auch der Manni Pranger wird sehen, dass man aus einer Verletzung viel Kraft schöpfen kann.“